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Infografik: Warenkunde Schweinefleisch

von Mario

Wagyu, Angus & Co haben ein breites Bewusstsein für hochwertige Rinder-Rassen und deren Vorzüge geschaffen. Aber wie sieht es beim Schweinefleisch aus? Gibt es auch hier Alternativen zum mageren Industrieschwein aus der Supermarkt-Theke?

Das gute und das böse Schweinefleisch

Grundsätzlich stammen alle Schweine vom Wildschwein ab – rund um das 18. Jhd. begann man mit der professionellen Schweinezucht. Im Jahr 1820 entstanden zum Beispiel die Schwäbisch-Hällischen-Landschweine, als König Wilhelm I. chinesische Maskenschweine einführte um sie mit der einheimischen Sorte zu kreuzen. Ziel war es damals, den Fettanteil im Tier zu erhöhen, denn Fett war für die Menschen damals sehr wichtig.

Bis nach dem zweiten Weltkrieg galt der fette Schweinebraten als Statussymbol und war der oberen Mittelschicht und darüber hinaus vorbehalten.

In den 70er Jahren schwappte dann der Fitness-Trend aus den USA nach Europa – ab diesem Zeitpunkt manifestierte sich der Irrglaube, dass nur mageres Fleisch auf den Teller kommen darf.

Das Angebot wurde darauf hin in den letzten 50 Jahren der Nachfrage angepasst: Langsam aber sicher verschwand jegliches intramuskuläre Fett und aus dem Schweinefleisch wurde ein Industrieprodukt mit Einheitsgeschmack.

Die alten Rassen

In den 90er Jahren, als man langsam begonnen hat das edle Kobe-Fleisch zu entdecken und mit den Wagyus die ersten Experimente mit Nachzüchtungen starteten, fand man Gefallen an dem butterzarten und nussigen Geschmack den man den feinen Fettäderchen zu verdanken hatte.

So kehrt auch langsam das durchzogene Schweinefleisch wieder zurück. Zum Glück, gibt es ein paar Sturköpfe unter den Züchtern die uns die alten, fettreichen Schweinerassen erhalten haben. Glück hat hier auch eine große Rolle gespielt, denn einige Rassen waren bis auf wenige einzelne Tiere fast von der Bildfläche verschwunden! Nur mit teilweise immensen Aufwand konnte die Zucht wieder aufgebaut und die Vielfalt erhalten werden.

Bunte Bentheimer

Berkshire Schwein

Die Bunten Bentheimer sind eine vom Aussterben bedrohte Rasse die aus der Grafschaft Bentheim in Niedersachsen in Niedersachsen stammt.

Ihr Fleisch zeichnet sich durch eine ausgezeichnete Qualität, feinen Geschmack und einen hohen intramuskulären Fettanteil aus.

Die Haltung ist billig, da die Schweine sehr anspruchslos sind, für die Massentierhaltung sind sie aber (zum Glück) nicht geeignet.

Bild: Jed [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Schwäbisch-Hällisches-Landschwein

In den 1980er Jahren galt das Schwäbisch-Hällische-Landschwein sogar schon als ausgestorben. Durch einige engagierte Landwirte gelang es aus nur 7 (!) reinrassigen Mutterschweinen eine neue Zucht zu starten.

Durch eine ordentliche Fettauflage und das fein durchzogene Fleisch ist es ein wahrer Hochgenuss!

Übrigens ist das echte Schwäbisch-Hällische-Landschwein immer mit dem Zusatz „g.g.A“ für „geschützte geografische Angabe“ versehen!

Bild: Flominator [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Mangalitza

Wegen ihres Fells wird die aus Ungarn stammende Rasse auch als Wollschweine bezeichnet. Ihr schneeweißes Fett und der exquisite Geschmack, der dem Wildschwein sehr ähnlich ist, macht das Fleisch zu einer Delikatesse!

Darüber hinaus ist auch die intensive rote Fleisch-Farbe charakteristisch für Mangalitza. Es ist reich an Omega-3-Fettsäuren und einen hohen Anteil an Antioxidantien.

Das Fett der Mangalitza Schweine schmilzt übrigens bei einer niedrigeren Temperatur als bei anderen Rassen.

Auch die Mangalitza Schweine standen kurz vor der Ausrottung. 1973 gab es nur noch 39 reinrassige Sauen. Mehr dazu könnt ihr bei der Arche Austria nachlesen.

Duroc

Die Herkunft dieser Rasse ist nicht genau belegt, vieles deutet jedoch darauf hin das es eine Mischung aus dem roten und dem iberischen Schwein ist.

Das Duroc-Schwein hat eine hell- bis dunkelrotes Fell. Das Fleisch hat einen hohen intramuskulären Fettanteil von rund 3% (moderne Mastschweine liegen bei unter 1% !).

Duroc sind sehr muskulös, ihr Fleisch ist besonders zart und saftig.

Bild: 4028mdk09 [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Turopolje

Durch den Kroatien-Krieg wurde 1991 der Bestand reinrassiger Turopoje fast ausgerottet. Lediglich ein einziger Züchter mit 20-30 Tieren war 1993 noch übrig.

Durch verschiedenste Misserfolge beim Import und der Wiederaufzucht und der geringen Bekanntheit dieser Rasse in Österreich, hat es, dank einiger engagierter Organisationen bis 2001 gedauert eine stabile Zucht zu etablieren.

Die Turopolje gelten immer noch als vom Aussterben bedroht. Ähnlich dem Mangalitza, haben sie auch eine sehr ausgeprägte, feste und schneeweiße Fettauflage. Das Fleisch ist rot und aromatisch.

Weitere Informationen gibt’s beim Arche Austria – dem Verein zur Erhaltung seltener Nutztierrassen.

Bild: Frank Liebig [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Iberico

Bereits von den römischen Legionären gezüchtet, ist diese spanische Schweinerasse vor allem für ihren exquisiten Geschmack bekannt. Es gilt als das beste Schweinefleisch der Welt.

In der höchsten, der „Bellota“ Qualität ernähren sich die Iberico Schweine im Herbst und Winter fast ausschließlich von Eicheln (span. „Bellota“ = Eichel). Das verleiht ihrem Fleisch ein wohlschmeckendes nussiges Aroma und ein intensives Rot das dem von Rindfleisch sehr nahe kommt.

Bild: Grez [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Berkshire / Kurobuta 

Das Berkshire Schwein stammt aus der ehemaligen Grafschaft Berkshire in Großbritannien. Sie gilt dort als die älteste Schweinerasse.

Im 18. Jahrhundert wurde es von Diplomaten nach Japan gebracht, dort wird es als Kurobuta weitergezüchtet. Das fein marmorierte Fleisch wird wie das Kobe Rindfleisch sehr geschätzt.

Oft wird das Berkshire bzw. Kurobuta auch als das Wagyu unter den Schweinerassen bezeichnet.

Bild: Grez [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Warenkunde Schweinefleisch

Einkaufsratgeber Schweinefleisch

Aber wieso sollte man denn jetzt eher zu einer alten Rasse als zum Schweinefleisch aus der Massentierhaltung greifen? Wer schon mal richtig gutes Iberico, medium gegrillt gegessen hat, wird jetzt den Kopf schütteln und sich wundern was diese Frage überhaupt soll, denn der Geschmack ist gegenüber dem blassrosa Industrieschwein ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Wer trotzdem zum abgepackten Supermarkt-Fleisch greifen möchte, der sollte sich zumindest über die Haltung informieren. Leider gibt es nicht immer nachvollziehbare Angaben über die Herkunft oder Fütterung der Tiere: denn oft wird mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert. Ein einheitliches Label das Auskunft über die Haltungsbedingungen gibt, existiert nicht. Von Supermarkt zu Supermarkt unterschiedliche Förderprogramme, deren Standards sich stark voneinander unterscheiden, tragen leider nicht besonders gut zur Konsumenteninformation bei.

Die Teilstücke

Nachdem ihr euch jetzt hoffentlich für eine gute, alte und schön durchzogene Schweinerasse entschieden habt – gibt’s jetzt einen kleinen Überblick über die Teilstücke die besonders zum Grillen und fürs BBQ geeignet sind.

Die amerikanischen Zuschnitte (US Cuts)

Die klassischen US Cuts kennt man natürlich von diversen Videos und den großen amerikanischen BBQ Portalen. Mit dem Grill- und BBQ-Trend der letzten Jahre sind sie auch immer öfter beim regionalen Fleischhauer (?? Metzger) erhältlich.

In Amerika spielen die folgenden 7 Teile die größte Rolle bei der Zubereitung im Grill oder Smoker: Boston Butt, Picnic Shoulder, Loin, Spare-Ribs, Belly, Ham und Hock wobei sich nur die ersten 4 von den bei uns bekannten Zuschnitten unterschieden.

Boston Butt

Der Boston Butt ist wohl das bekannteste Teilstück, in den USA die erste Wahl für Pulled Pork und wird aus dem Vorderviertel ausgelöst. Er enthält den Schulterknochen, der in vielen Pulled Pork Videos eindrucksvoll aus dem fertigen Stück herausgezogen wird.

Picnic Shoulder

Die Picnic Shoulder wird ebenfalls aus dem Vorderviertel geschnitten und ist auch Teil der Schulter. Sie ist neigt dazu fettiger zu sein und wird daher oft dem Boston Butt untergeordnet. Der Cut enthält einen Teil vom Oberschenkel-und Schulter-Knochen.

Die Picnic Shoulder wird hauptsächlich Low & Slow mit Schwarte als Picnic Roast zubereitet.

Loin

Der (das?) Loin wird aus dem hinteren Viertel des Rückens geschnitten und entspricht im Wesentlichen der Schweinelende. Je nachdem wird er mit oder ohne Knochen angeboten – zum Beispiel als French Racks.

Je nachdem wird er in Blade Loin, Center Loin und Sirloin gedrittelt bzw. in Baby Back Ribs, diverse Pork-Chops und Tenderloin zerlegt.

Spare Ribs

Während die ebenfalls beliebten Baby Back Ribs eher aus dem unteren Bereich des Loins geschnitten werden, befinden sich die klassischen Spare Ribs zwischen Loin und Belly. Sie lassen sich weiter in St. Louis Style Ribs und Rib-Tips zerlegen.

Die österreichischen Zuschnitte

Man sollte meinen in Österreich und Deutschland wird das Schwein komplett anders zerlegt. Am ersten Blick mag das auch so wirken, am Zweiten erkennt man aber, dass die Unterschiede gar nicht so groß sind. Die Bezeichnungen der Teilstücke sind oft verwirrend und regional stark unterschiedlich, daher beschränke ich mich hier auf die Stücke die beim Thema Grill & BBQ am beliebtesten sind.

Schopf (?? Nacken)

Der Schopf ist quasi der Allrounder in Österreich. Er ist die erste Wahl für Pulled Pork, Schweinsbraten oder kurzgebraten in Form von Steaks. Im Handel ist er meist ohne Knochen erhältlich.

Rezeptvorschlag: Tacos al Pastor vom Drehspieß

Karree (?? Kotelett)

Als Steak geschnitten ist das Karee in Form eines Koteletts wohl eines der beliebtesten Stücke Schweinefleisch auf den heimischen Grills. Das Karree teilt sich nochmal in das lange und das kurze Karree mit dem Filet. Das lange Karree kann weiter in die Karreerippen (Baby Back Ribs) zerlegt werden.

Rezeptvorschlag: Iberico Karree mit Djuvec Reis

Bauch

Aus dem Bauch wird auch in Österreich ganz klassisch Speck hergestellt. Außerdem landen die Bauchrippen wegen ihrer dicken Fleischauflage gerne im Smoker.

Rezeptvorschlag: Selbstgemachter Pancetta

Dicke Rippe

Die Brust bzw. Dicke Rippe hat gegenüber den Karreerippen eine wesentlich größere Fleischauflage. Das fein durchzogene Fleisch wird gerne Low & Slow im Smoker zubereitet.

Schulter

Die Schulter eignet sich hervorragend für Pulled Pork. Am besten als Schulter „Teller“, hier ist noch der Knochen dabei, das Bein bereits entfernt.

Ansonsten wird die Schulter gerne für verschiedenste Schmorgerichte und Braten verwendet (meist dann aber weiter zerlegt als „Dicke Schulter“ oder „Schulter ohne Stelzenfleisch„).

Ein weiterer beliebter Teil der Schulter ist natürlich auch die vordere Stelze. Die vordere Stelze ist aber im Gegensatz zur hinteren, weniger fleischig.

Schlögel (?? Schinken)

Der Schinken bzw. Schlögel, wird zum einen – wie der Name schon sagt – für Schinken verwendet. Zerlegt man ihn weiter, erhält man aus dem oberen Teil die Oberschale bzw. das Kaiserteil. Das lässt sich wunderbar für Kurzgebratenes, Schnitzel und Rouladen verwenden!

Die Unterschale bzw. das Frikandeau eignet sich sehr gut zum Braten, Schmoren und als Geschnetzteltes.

⁉ Infografik: Schweinefleisch-Teilstücke

Damit ihr den Überblick bewahrt, habe ich euch eine kleine Infografik über die wichtigsten Teilstücke erstellt!

Warenkunde Schweinefleisch

? Literatur zum Thema

Wenn du noch Hunger hast

2 Kommentare

Dietmar 11. Juli 2019 - 16:21

Das nenne ich eine ausführliche Beschreibung!
Vielen Dank für die Übersicht der verschiedenen Rassen – ich bin, als Ostösterreicher – ein Fan vom Mangalitza.

LG Dietmar

Antwort
Mario 11. Juli 2019 - 17:39

Hallo Dietmar!
Vielen Dank für das Lob! ?

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